30.3.2023

Philine Erni, Lara Fuchs

Liebe Lehrer*innen

Dank der Zusammenarbeit mit Schule+Kultur, ermöglicht das Theater Winkelwiese immer wieder Jugendlichen und Schulklassen erste Begegnungen mit zeitgenössischer Schweizer Dramatik. Neben Theaterbesuchen und beispielsweise Nachgesprächen mit Künstler*innen möchten wir auch den Zugang zu Stücktexten zeitgenössischer Schweizer Autor*innen vereinfachen. Deswegen erfassen und verschlagworten wir im Zentrum für Dramatik aktuell Stücke, zum Teil direkt schon mit Leseproben.

Bisher haben wir bereits über 450 Stücke erfasst, deren Autor*innen entweder mal an der Winkelwiese produziert oder das hauseigene Förderprogramm DRAMENPROZESSOR absolviert haben. Die Sammlung wird laufend erweitert und ab Herbst auch in die weiteren Schweizer Sprachregionen ausgedehnt.

Besonders für Schulen ist es uns ein Anliegen, dass im Unterricht neben Goethe, Schiller und Dürrenmatt auch zeitgenössische Theatertexte von noch lebenden Autor*innen besprochen werden. Letztere beschreiben die Lebensrealität der Jugendlichen und könnten ggf. auch befragt werden zu ihren Stücktexten.

Folgende Stücke möchten wir Ihnen besonders ans Herz legen...

«Sehr geehrte Frau A. / Frau A. / Frau Dr. A. / Dieser Abituraufsatz ist das letzte / das letzte / das letzte / was wir schreiben. / Sie müssen ihn nicht mehr korrigieren, Frau A. / Und nicht mehr evaluieren, / Frau A. / Denn wir werden Ihre Korrekturen nicht mehr lesen. / Ihre Evaluation nicht mehr erhalten. / …

Sie alle. / Sie wurden gekauft. / Gekauft. / Gekauft. / Von ihrer Bequemlichkeit. / Von unserer Bequemlichkeit. / Von unserer aller Bequemlichkeit. / Von unserer Gier nach einem besseren Leben. / Von unserer Gier nach Lohn und Position. / Wir haben einen Entschluss gefasst. / Und wir werden ihn durchziehen. / Wir werden Kraft zeigen in unserem Denken. / Und in unserem Handeln. / Wir werden die einzige vorbildhafte, mutige Tat tun, die wir in unserm Leben vollziehen können. Die einzige vorbildhafte, mutige Tat, die uns nicht zu Schuldigen macht. Die einzige vorbildhafte, mutige Tat, die etwas bewirkt. / Bewirkt. / Wir gehen. / Wir gehen. / Gemeinsam.»

 

«Wenn Gretel Greta heisst und die Welt retten will, die Hexe nicht böse
sondern einfach extrem cool ist und Hänsel keine Haut hat und ganz
durchlässig ist, dann sind wir mitten im Theaterstück «Hänsel &
Greta & The Big Bad Witch», welches von Kim de l’Horizon geschrieben
wurde. [...] Das Stück ist der erste Teil der Septologie des
«Posthumanistischen Theaters» der Autor*in Kim de l’Horizon. Den Begriff des Posthumanistischen hat de l’Horizon den queer-feministischen Debatten entlehnt. [...] Die menschliche Spezies sei nicht das Mass aller Dinge, meint de l’Horizon, die Verwobenheiten alles Lebendigen stünden in der Septologie im Fokus.»
(Monika Hofmann, 20.9.2022, RaBe)

 

Konradine und Effi
HANNA RÖHRICH

«Liebe Konradine.
ich frage mich schon lange, als was Du eigentlich verkleidet warst an
Fasching. Warst Du ein Bär? Oder vielleicht ein Eichhörnchen? Ich konnte es nicht genau erkennen.
Deine Effi.

Liebe Effi,
ich war eine Wanze mit rosa Punkten. Die kenne ich aus dem Garten
von meiner Oma. Übrigens sammle ich Insekten.
Deine Konradine.
P.S.: Als was warst Du verkleidet?»

 

verdeckt
ARIANE KOCH

Bodybild
JULIA HAENNI

 

→ Julia Haenni ist seit 2020 Co-Leitung der Jungen Marie

→ Die Uraufführung wurde im Herbst 22 von Annina Dullin am Theater Marie inszeniert

15 Jugendliche entwickelten gemeinsam mit dem Regieteam ein berührendes Spiel über ihre Selbstsuche in der Welt von Reklametafeln, YouTube, Instagram und Snapchat. Wie findet man zu sich selbst, nimmt den eigenen Körper an und entwickelt die eigene Schönheit in der Flut der Selfies, der Influencer und der ständig neuen role models? Wer kann helfen, wenn sowohl Bodyshaming wie Bodypositivity zu Modeströmungen verkommen? 
(Theater Schauburg München)

brachland
DIMITRIJ GAWRISCH

Gelbe Tage
DANIELA JANJIC

«Das Stück Gelbe Tage thematisiert den Krieg in Bosnien-Herzegowina. Autorin Daniela Janjic erzählt, wie eine Beziehung kaputtgeht. Am Anfang stehen sich zwei Positionen gegenüber: einerseits eine Frau und ein Mann, die sich an ihrer unterschiedlichen ethnischen Herkunft nicht stören und einen unumstösslichen Idealismus erkennen lassen; andererseits der Bruder der Frau, ein illusionsloser, kritischer Pragmatiker, der die Situation schonungslos analysiert, nicht an die Unbedingtheit der Liebe glaubt und damit rechnet, dass Spiel jederzeit in Ernst umschlagen kann. Das ist vor dem Krieg; danach ist nichts mehr so wie früher. [...] Daniela Janjic ist es gelungen, eine gewissermassen modellhafte Konstellation zu schaffen, die das grosse Thema der heute bereits kaum mehr präsenten Ereignisse in Bosnien-Herzegowina zwischen 1991 und 1995 reduziert auf drei Protagonisten aufzeigt. [...] Ebendiese schmerzhaft auswegslose Situation wird von Janjics Sprache in einer stellenweise schon fast unheimlich anmutenden Anschaulichkeit reflektiert: die Autorin lässt das Zerstörungswerk des Krieges gleichsam in die Kommunikation fliessen, in eine Kommunikation, die eigentlich gar keine mehr ist, da sie nur noch aus Unterstellungen, unbeantworteten und unbeantwortbaren Fragen sowie aus Schrei-Attacken an der Grenze zur körperlichen Gewalt besteht.» 
(Fabian Kristmann, Basellandschaftliche Zeitung, 7.3.2008)

Nachtblind
DARJA STOCKER

Bei Interesse oder Fragen kontaktieren Sie gerne Philine Erni oder Lara Fuchs.

Stücke