MAN BLEIBT, WO MAN HINGEHÖRT, UND WER NICHT BLEIBEN KANN, GEHÖRT HALT NIRGENDS HIN

von Katja Brunner

1782 wurde Anna Göldi als letzte Schweizerin wegen Hexerei verbrannt. Aus dem Flammenmeer droht sie den Schaulustigen mit ihrer Wiederkehr. Gleich darauf läuft sie über asphaltierte Straßen und Plätze, legt sich irgendwann auf den Boden, drückt ihr Ohr gegen die Erde, um «den ältesten Igel Europas» zu belauschen. Stachelig, satt und rund verdaddeln er und seinesgleichen ihre Zeit im hermetisch abgeriegelten Bau bei einem perfiden Heimat-ABC. Ihr Ordnungssinn macht selbst vor Huren nicht Halt. Frauen, pro Stockwerk nach ihrer Herkunft sortiert, harren ihrer Kundschaft. Das Heidi selbst lässt sich bereitwillig die Öffnungen ihres kindlichen Körpers mit Butterblumen aus des Almöhis Hand verschließen. So weit so idyllisch. Doch irgendwann ist Schluss. Lauthals kündigt das adoleszente Alpenkind seinen Job als blütenweiße Identifikationsfigur, doch die Protestaktion verleppert. Eine «verwilderte Autorin» ertränkt ihre Ohnmacht in whiskey sour. (henschel Schauspiel)

Historie des Stücks

  • Theater Luzern Regie: Christina Rast 2016