Mimesis

von Michel Kessler

Mimesis ist eine shot-for-shot Remake aller Szenen, die Pier Paolo Pasolini in der Villa Riesenfeldt in Mantua für seinen letzten Film Salò (1975) drehte. In diesem radikalen Werk kritisierte Pasolini die Kommodifizierung des Körpers durch die unerbittlichen Operationen des Konsumismus. Für Pasolini ist der Körper allerdings die Grundlage der Realität. Gegenwärtig beschleunigt die Digitalisierung den Verlust des Körperlichen zusätzlich. Folglich fehlt in Mimesis der Körper. Alles, was bleibt, sind die leeren Räume, die seit den Dreharbeiten zu Salò nicht mehr benutzt wurden und seitdem langsam verfallen. In einigen Räumen sind noch extravagante Spuren von Pasolinis Bühnenbildner Dante Ferretti - wie Art-déco-Möbel und Fresken - zu sehen. Die immersive filmische Reise durch die leeren Räume in Mimesis wird von einem Rauschen begleitet, das die abstrakte visuelle Wirkung unterstützt: Es entsteht eine unangenehme Atmosphäre, in der der Übergang von Kultur zu sadistischer Gewalt und schliesslich zur totalen Leere bereits stattgefunden hat. Lockdown. Fermate. Corona.