Gotthelfs «Besenbinder von Rychiswyl» und wie Franz Schnyder ihn verfilmte

von Paul Steinmann


Das Publikum erlebt drei Tage auf dem Filmset, wo Schnyder mit seinem bunt zusammen gewürfelten Team Szenen aus Goffhelfs Novelle dreht. In Der Besenbinder von Rychiswyl beschreibt der grosse Emmentaler Schriftsteller auf witzige und warmherzige Weise das Leben des einfachen aber tüchtigen Besenbinders und Hausierers Hansli. Nicht so beschaulich geht es auf dem Drehplatz im Berner Mittelland zu und her. Zwar versuchen Filmleute vor oder hinter der Kamera ihr Bestes zu geben, doch der Zeitdruck, die Geldknappheit und Schnyders Detailversessenheit führen zu heftigen Spannungen. Gotthelfs Hauptfigur, der Besenbinder Hansli, findet dank Fleiss und Gottvertrauen das richtige Handwerk, die richtige Frau fürs Leben und schliesslich das grosse Glück. Genau so sind auch Schnyder und seine Leute auf der Suche nach einem glücklichen Leben.

Gotthelfs «Besenbinder von Rychiswyl» und wie Franz Schnyder ihn verfilmte spielt also auf zwei Ebenen: einerseits anfangs der 1970er-Jahre, andererseits in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Und so haben alle ihren Auftritt: die neue Liebe genau so wie der alte Ehrgeiz und der zerstörerische Neid. Und auch der Humor schaut mit Kollege Witz vorbei und sie alle sehen, wie sich Hoffnungen erfüllen, wie sich Träume als Schäume entpuppen und wie das Glück nur wenigen und oft in kleinster Dosis zuteil wird.


«Immer wieder, nicht nur in der Geschichte des frommen Besenbinders, werden das Streben nach persönlichem Glück und die Wege dazu thematisiert: Kann auch der Tüchtige an seinen Lebensaufgaben scheitern? Was nützt einem in der modernen Zeit die Frömmigkeit überhaupt noch? Oder ist das Glück am Ende lediglich ‹glücklicher› Zufall? In einer wirklich gelungen und ergreifenden Schlussszene, welche die einzelnen Handelsstränge wieder zusammenführt, werden diese Fragen eindrücklich synthetisiert.»

08.07.2011, Zeitung im Mikrokosmos Jungfrau, Bettina Bhend