Das Schweigen der Schweiz

von Sabine Harbeke, Philippe Heule, Daniela Janjic, Maxi Obexer und Andreas Sauter

Wo: In unserem Land heute und morgen. In einem falschen Chalet, im Hörspielstudio, bei einer TV-Spendengala zum Beispiel – und einmal auch im Untergrund. Was: Vier Kurzstücke junger Schweizer Dramatikerinnen und Dramatiker, und ein Blick von aussen, aus Deutschland, erzählen von der Lage der Schweiz und ihrer Lust, sich seltsam vernehmlich im Schweigen zu üben.

Man schweigt sich an und man schweigt sich aus in diesen fünf unterschiedlich temperierten helvetischen Visitenkarten. Das heisst aber nicht, dass die Zuschauer die Einladung zum Blick in den Spiegel nicht höllisch komisch finden sollen. Ertappt? Die Regisseurin Sophie Bodamer holt mit grosser Geste aus und schlägt für die fünf Beiträge fünf unterschiedliche szenische Lösungen vor. Eine Comedy für die Schweiz-Sicht von Andreas Sauter; einen Psychokrimi für die subtile Diagnose von Sabine Harbeke; eine Farce, wenn Daniela Janjics‘ Heimat-Theater philosophische Kühe einführt; eine Parodie, die sich bei Philipp Heule selber weglacht – und einen schlichten dokumentarischen Beitrag, der dank Maxi Obexer mit scharfem Licht den Heimatabend stört.

Fünf prägnante Stimmen, eine Regisseurin, die keine Theatermittel scheut und uns in ein veritables Schutzhäuschen, Schweizhäuschen einlädt. Die Bühne von Prisca Baumann ist so kongenial und durchdacht, dass es für die Darsteller eine echte Konkurrentin ist. Doch Sophie Bodamer hat mit den Ensemblespielerinnen und -spielern des Theater St. Gallen spielwütige und hingebungsvolle Persönlichkeiten gefunden. Brüche und Rollenwechsel schaffen sie spielend. Was die Schweiz betrifft, lassen sie ihr Publikum im beruhigenden Glauben: Die Lage ist zwar hoffnungslos, aber noch längst nicht ernst. Ernst nimmt man allerdings das beruhigende Resultat. Die Lage der jungen Schweizer Dramatik ist so gut, dass dieser ambitionierte Abend so selbstverständlich nebensächlich wie eine Fingerübung wirkt. (Daniele Muscionico, Schweizer Theatertreffen)

Historie des Stücks

  • Theater St. Gallen Uraufführung Regie: Sophia Bodamer 2016