Das Haus brennt

von Philippe Heule

Eine Familie ist eine Familie ist eine Familie ist eine tickende Zeitbombe.

Michael W. arbeitet als Privatdetektiv. Qua seines Berufs ist er mit den dunklen Seiten des bürgerlichen Heldenlebens bestens vertraut. Umso mehr achtet er zuhause auf den guten Ton. Sonntags ist „Quality Time“. Statt sich dem Tatort auf dem Sofa zu ergeben, spielt die Familie nach, was der Vater bei seinen Beschattungen an Abgründigem aufdeckt. Oder aber es werden die Fernstudien der fast erwachsenen Kinder diskutiert: Tochter Sarah begeistert sich für den Kreuzfahrttourismus, Sohn Lewis für moderne Überwachungstechnologien. Mutter Celine ergreift die Gelegenheit und erzählt von ihren Fortbildungsplänen im Bereich der Reflexzonenmassage. Nach und nach wird spürbar: Familienoberhaupt Michael verliert als Ernährer an Gewicht und zunehmend die Fassung. Am 18. Geburtstag seines Sohns wird das Ausblasen der Kerzen und das dazugehörige Erinnerungsvideo zu einem Gefecht, bei dem er sich mehr und mehr zum Opfer der sich von ihm emanzipierenden Familienmitglieder geriert. Schließlich greift man auf das beliebte Rollenspiel zurück, um den Frieden wiederherzustellen. Doch die Figuren des vom Vater dargebotenen Falls sind der Familie W. zum Verwechseln ähnlich. Am Ende sind zwei Kinder von dem betrogenen Ehemann ausgelöscht, bevor er sich selbst das Leben nimmt. Nur ein harmloses Spiel, reiner Zufall oder unausweichliches Schicksal?

Eine schwarze Komödie über Macht und Männlichkeit, Verdrängung und Manipulation. Die in die Sofalandschaft versunkene Familie, das brennende Inferno auf dem Bildschirm betrachtend, wird zum Sinnbild für den allgemeinen Stillstand vor, während und nach der Katastrophe. (rua.)


Für Das Haus brennt erhielt Philippe Heule den Autor*innenpreis des Heidelberger Stückemarkts 2020.