Alle Vögel sind schon da. Eine Konferenz in Zimmerwald

von Matto Kämpf und Ariane von Graffenried

Es ist viel los im Hotel «Zum schönen Aufenthalt» in Zimmerwald. Wirt Päppu Jäggi hat überbucht. Zwei internationale Konferenzen finden gleichzeitig statt. Ornitholog:innen und linke Nostalgiker:innen verbergen, wer sie sind und haben dennoch ein gemeinsames Ziel: Sie proben im Säli den Aufstand gegen die Welt. Und treffen auf die Lehrerin Änneli Achermaa, die mit der Dorfbevölkerung ihr neustes Theaterstück «Die Zauberhelvetia» einstudiert. Was tun? Wer ist hier echt und wer getarnt? Welche Vögel sind bedroht und wer verfasst das neue Manifest? Den Geist der Revolution vor Augen und ein blutiges Jahrhundert im Nacken flüchtet sich die zusammengewürfelte Gruppe in ein Märchen und schreibt Geschichte.

Zum Hintergrund

Die historische Konferenz in Zimmerwald fand während des ersten Weltkrieges vom 5. bis 8. September 1915 auf Einladung des Schweizer Sozialdemokraten Robert Grimm im Hotel Beau Séjour in Zimmerwald statt. Die als Ornithologen getarnten Revolutionäre aus zwölf Ländern diskutierten, wie der Krieg hätte verhindert werden können, warum es bei Kriegsausbruch in fast in allen Ländern zum Burgfrieden zwischen den Sozialisten und den kriegsführenden Regierungen gekommen war und wie die deshalb zerbrochene Sozialistische Internationale neu formiert werden könnte. Grimm und Lenin stritten über die Legitimität von Gewalt. Den russischen Exilrevolutionären Lenin und Trotzki, die sich auf dem Längenberg versöhnten, bot die Konferenz eine politische Bühne. Sie wurde zum Vorläufer der dritten Internationalen und der Russischen Revolution überhaupt. Deshalb war und ist Zimmerwald als ein historischer Bezugsort in der Sowjetunion populär. In Aktenordnern auf der Zimmerwalder Gemeindeverwaltung finden sich etliche Briefe und Postkarten aus der Sowjetunion, adressiert an den Direktor eines vorgestellten Lenin Museums und mit Grüssen aus dem «sowjetischen in das schweizerische Leningrad». Dabei hatte der Gemeinderat der Ortschaft in den siebziger Jahren beschlossen, dass es in Zimmerwald kein Lenindenkmal geben werde. Das Hauptgebäude des geschichtsträchtigen Hotels wurde abgerissen und dort, wo Lenin einst schlief, steht heute die Filiale einer Schweizer Bank: die Ersparniskasse Rüeggisberg.

Historie des Stücks

  • Schlachthaus Theater Bern Theater Winkelwiese Uraufführung Regie: Eberhard Köhler 2014