25.8.2022

Simon Froehling

Moodboard: Ich Cowboy, Du Indianer
S Froehling DP Zeit2


10 Dinge:

1 Foto/Screenshot vom Schreibtisch
3 Fotos aus der DRAMENPROZESSOR-Zeit
3 Songs aus dem Soundtrack dieser Tage
und 3 Antworten.

Dies ergibt Simon Froehlings Moodboard rund um sein Stück Ich Cowboy, Du Indianer.

Dein Stück Ich Cowboy, Du Indianer hast du nach deiner Zeit im Dramenprozessor zu deinem ersten Roman umgeschrieben, wie war dieser Prozess?

“Das Problem ist dein Freund”, hat Lukas Bärfuss mal gesagt in einem Seminar am Schweizerischen Literaturinstitut, wo ich zuerst studiert und später doziert habe. In diesem Fall war das Problem, dass ich mein Dramenprozessor-Stück nicht wirklich gelungen fand, mich aber der Stoff nicht losliess, beziehungsweise die Frage, woher das Verlangen kommt, sich dem eigenen Verderben hinzugeben – oder spezifischer und genährt von meinem damaligen Umfeld: Weshalb sich ein Mensch mit einem potentiell tödlichen Virus, dem HI-Virus, könnte anstecken wollen. Den Roman gibt es also nur, weil ich fundamentale Schwierigkeiten mit dem Stück hatte. Heute, mit etwas mehr Erfahrung, glaube ich zu wissen, dass jeder Stoff sein Medium und seine Form findet, wenn man nur die Geduld und die Gelassenheit aufbringen kann, um richtig hinzuhören. Wobei das natürlich einfacher gesagt ist als getan.

S Froehling DP Zeit3
S Froehling Schreibtisch
S Froehling DP Zeit1
S Froehling Desktop

Du arbeitest als freiberuflicher Übersetzer und am Tanzhaus Zürich als Dramaturg und in der Kommunikation. Inwiefern hilft dir/blockiert dich dein Autorsein bei diesen Tätigkeiten? Oder hast du so eher ein besseres Verständnis für die Sprache?

Schreiben, Übersetzen, Dramaturgie – bei mir hat sich schon immer alles um die Sprache und das Geschichtenerzählen gedreht. Wohl aufgrund meiner Leidenschaft fürs Lesen, die ich von meiner Mutter geerbt oder geschenkt bekommen habe. Ihre Bücher haben mir als Aussenseiter nicht nur die Flucht aus der realen Welt ermöglicht, sondern auch neue, aufregendere, wenn vielleicht nicht ganz altersgerechte Welten eröffnet. Oder vielleicht auch aus ganz anderen Gründen, zum Beispiel, weil ich nie das Gefühl hatte, überhaupt etwas anderes zu können. Ausser vielleicht was mit Hunden oder Pflanzen. Nein, im Ernst, ich glaube, das Genre oder die Form sind im Grunde sekundär, denn jeder Text, jedes Theaterstück, jede Tanzperformance muss schlussendlich in sich selber schlüssig sein, jedes Werk kreiert eine eigene Welt mit eigenen Regeln, die es dann zu befolgen hat, um Wahrhaftigkeit überhaupt erst zu ermöglichen. Und ich denke, Wahrhaftigkeit ist das, was ich immer anstrebe. Bezüglich meiner Arbeit im Tanzhaus denke ich, dass ich da sehr viel einbringen kann, was ich mir als Autor und Übersetzer angeeignet habe. Sowohl in der Kommunikation, insbesondere auch, weil wir ein zweisprachiges Haus sind, aber ebenso in der Dramaturgie, denn dort geht es ja oft um einen Blick von etwas weiter aussen und mit Fokus auf die Struktur, Stringenz und innere Logik eines Stücks.


Wie leicht fällt es dir, so genreübergreifend zu arbeiten und zu denken?

Ich glaube, dass jede Künstlerin und jeder Künstler von anderen Kunstformen, die ihr oder ihm auf den ersten Blick vielleicht nicht so nahe scheinen, viel lernen kann. Das hat mich auch beim Schreiben meines zweiten Romans «DÜRRST» sehr interessiert. So hilft mir meine Arbeit mit Tanzschaffenden zum Beispiel, das Schreiben weniger als Abfolge von einzelnen Akten zu sehen, die möglichst zielgerichtet zu einem Endprodukt führen müssen, sondern als viel grundlegendere und auch körperliche, handwerkliche Praxis zu begreifen. Dazu kommt, dass sich meine Schreibpraxis am besten entfaltet, wenn ich mich ihr regelmässig und kontinuierlich widmen kann, auch wenn das wenig glamourös klingt (nix Musen oder Inspirationsblitze aus heiterem Himmel…). Eine einigermassen strukturierte Festanstellung dient dieser Disziplin, die ich aufbringen muss, sehr zu. Und das sage ich als Mensch, der mehr als 20 Jahre lang freiberuflich unterwegs war. Womit wir wohl wieder bei der Geduld und der Gelassenheit wären.

Stück